Dein Kind ist alles für dich und du versuchst es natürlich mit allen Mitteln zu unterstützen. Hochsensibilität kann ein Problem werden, wenn man sein Kind nicht richtig behandelt. Dein Kind nimmt Gefühle anders und deutlich intensiver wahr. Hier findest du alles was du wissen musst:
Was bedeutet Hochsensibilität?
Was tut dein Kind, wenn es eine unerwartete und neue Erfahrung ganz intensiv wahrnimmt?
Zum Beispiel geht in Form einer positiven Erfahrung völlig unerwartet ein ganz besonderer Wunsch für dein Kind in Erfüllung oder es trifft einen Kindergartenfreund oder eine Kindergartenfreundin zufällig wieder, den oder die es schon lange nicht mehr gesehen hat, aber schon immer richtig gern mochte.
Stimmt!
Im besten Fall freut sich dein Kind riesig! Es ist begeistert. Es ist euphorisch. Ein Glückgefühl nimmt dein Kind ein! Genauso darf es sein. Nichts daran ist ungewöhnlich.
Anders wird es, wenn die Wahrnehmung des Kindes nicht nur bei entsprechenden Sinneseindrücken, sondern generell in verschiedenen Situationen besonders intensiv wird. Eine Variante davon kann dann Hochsensibilität sein 🙇 .
Quelle: Ridofranz/Getty Images
Dein Kind möchte die Welt entdecken.
So wie jedes andere Kind auch!
Als dein Kind noch ein Baby und Kleinkind war, hast du sicher festgestellt, dass es das intuitiv durch seine Sinneswahrnehmung erlernt. Wenn Kinder älter werden und vom Kindergarten irgendwann in die Schule wechseln, ist die aktive Grund-Sinneswahrnehmung weitestgehend ausgebildet. Sie
- hören 👂
- riechen 👃
- fühlen 😊
- tasten 👋
- sehen 👀
und erleben damit die Welt. Das heißt, sie machen so ihre Erfahrungen.
Sie nehmen verstärkt und auf einer intensiveren Weise die Dinge aus ihrer Umwelt wahr. Und sie sind empfindsamer für äußere Reize im Gehirn.
Wie du Hochsensibilität bei deinem Kind erkennst
Jetzt fragst du dich möglicherweise: Ist mein Kind hochsensibel? Es ist auch hin und wieder sehr sensibel.
Klar ist, dass Kinder mit einer sensiblen Wahrnehmung nicht gleich hochsensible Mädchen oder hochsensible Jungs sind. Auch ist die Annahme, dass Hochsensibilität eine Krankheit ist oder es sich um eine psychische Störung handelt, nicht richtig. Es ist ein Persönlichkeitsmerkmal.
Daher kann auch nicht von “Symptomen” im normalen Wortgebrauch gesprochen werden.
Vielmehr gibt es bestimmte Verhaltensweisen, die bei Kindern darauf hindeuten, dass eine Hochsensibilität vorliegen kann.
Die Psychologin Elaine Aaron hat 2008 dazu in ihrer Forschungsarbeit mit hochsensiblen Kindern bestimmte Merkmale herausgearbeitet, die auf Hochsensibilität schließen lassen. “Highly sensitive persons”, kurz HSP, gehören für Elaine Aaron zur Kategoriengruppe der besonders empfindsamen Personen.
Quelle: Bigstock
Die folgenden vier Merkmale im Verhalten hochsensibler Kinder, welche sich oftmals im Erwachsenenleben fortsetzen, haben wir hier für dich zusammengefasst:
- Wie vorher schon erwähnt, haben hochsensible Kinder eine besondere Wahrnehmungsbegabung.
Das kann sich beispielsweise so äußern, dass sie Empfindungen anderer Menschen in ihrer Umgebung viel schneller fühlen können, als andere Kinder dies tun. Auch zwischenmenschliche Beziehungen wirken in ihrer Intensität anders auf ein hochsensibles Kind.
Sind die Reize im zwischenmenschlichen Bereich und um das Kind herum sehr groß, kann es damit allerdings schnell überfordert sein.
Auch andere Sinneswahrnehmungen, wie der Geruchs- und Geschmacksinn, können bei Kindern mit Hochsensibilität stärker ausgeprägt sein. Generell sind hochsensible Kinder eher introvertiert.
Die Wahrnehmung von Schmerz kann wiederum ebenfalls besonders stark empfunden werden.
Wenn dein Kind sich bereits schon frühem Alter mit Lebensfragen und deren Ergründung beschäftigt, kann Hochsensibilität vorliegen.
Alle weiteren Merkmale kannst du hier nachlesen.
Wie entsteht Hochsensibilität?
Tatsächlich gibt es bis heute noch keine anerkannte wissenschaftliche Theorie, welche die Entstehung dieses Persönlichkeitsmerkmals beschreibt und detailliert erklärt.
Möglicherweise kann einerseits davon ausgegangen werden, dass Hochsensibilität als Persönlichkeitsmerkmal schon in der Kernfamilie oder bei den Großeltern vorliegt und als Veranlagung weitervererbt worden ist.
Durch die Reize, die schnell zur Reizüberflutung werden können und im Alltag zum Problem werden, wird die Situation ziemlich deutlich 💻 :
Die Reize erreichen einfach schneller das Bewusstsein, welches dann auf Hochtouren läuft und “dauerverarbeitet”.
In neueren Studien der Psychologin Elaine Aaron wird darauf geschlossen, dass hochsensitive Fähigkeiten in Familien weiter vererbt werden können.
Im Beitrag “Zu viel Welt fürs Gehirn” im digitalen psychlogischen Wissenschaftsmagazin kann man sich sehr ausführlich noch mal zu Hochsensibilität und deren Auswirkung informieren.
Es ist auch möglich, dass die Hochsensibilität auf psychologischer Ebene mit einem weniger gestärkten Selbstbewusstsein zusammenhängt.
Die Unsicherheit, die daher rührt, lässt das Kind oft die Situationen, in der es sich befindet: "erfühlen”.
Hier kannst du als Elternteil aktiv werden, indem du dich mit der Veranlagung deines Kindes entsprechend auseinandersetzt.
In meiner Recherche bin ich dabei auch über dieses wirklich informative Video gestoßen, welches Hochsensibilität noch mal schnell zusammenfasst (Hochsensibilität - das steckt wirklich dahinter | psychologeek), und ich wollte es euch nicht vorenthalten:
Hochsensibilität in der Schule
Was aber bedeutet es, für hochsensible Kinder, wenn sie in die Schule gehen?
Viel Lärm im Klassenzimmer und ständige Unterbrechungen während Konzentrationsphasen sind für hochsensible und auch für andere Kinder so oder so eine Herausforderung. Hochsensible Kinder neigen jedoch dazu, schneller damit überfordert zu sein.
Wenn du Elternteil eines hochsensiblen Kindes bist, kannst du dir zunächst überlegen, welche Schulform für dein Kind Sinn macht. Die Leitfrage für dich kann an dieser Stelle sein, wie du dein Kind und seine Fähigkeiten einschätzt. Kann es mit möglichen Stresssituationen gut umgehen oder benötigt es eine bestimmte Förderung?
Diese verschiedenen Schulformen sind möglich:
- Allgemeine, staatliche Schulen
- Förderschulen
- Waldorfschulen
- Privatschulen
Mehr zum Thema, welches die richtige Schulform für dein Kind ist, findest du auf diesem Blog.
Generell gilt die Erfahrung, dass eher introvertierte und hochsensible Kinder viele Ruhephasen benötigen, in denen sie sich zurückziehen können. Wenn dies in der Schule aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, gilt es, besonders nach der Schule zu Hause entsprechende Räume dafür zu schaffen und dies zu ermöglichen.
Der HSP-Test
Wenn du dich jetzt fragst, ob bei deinem Kind Hochsensibilität vorliegt, dann hast du verschiedene Möglichkeiten, um das festzustellen. Wie schon im zweiten Abschnitt erwähnt, können bestimmte Verhaltensweisen deines Kindes auf eine hochsensible Wahrnehmung hindeuten.
Eine andere Möglichkeit ist der so genannte HSP-Test (= kurz für High Sensitive Persons), der von der bereits erwähnten Psychologin Elain Aaron zur Ermittlung des Sensibilitätsgrades eines Menschen entwickelt worden ist.
Die Psychologin hat in diesem Test über 20 kurze Fragestellungen zusammen, in denen sie auf die Gefühlsempfindungen von hochsensiblen Menschen in Beziehung zu ihrer Umwelt eingeht.
Hier ein kleiner Ausschnitt aus dem Test:
Der Test ist für Teilnehmerinnen und Teilnehmer ab 16 Jahren.
Wenn dein Kind noch etwas jünger ist, dann ist es empfehlenswert, dass du den Test mit deinem Kind zusammen machst und mit ihm jede einzelne Frage genau besprichst.
Ihr möchtet den Test gemeinsam machen? Dann kannst du hier den Test-Fragebogen runterladen.
Wer den Test direkt online kostenlos und anonym machen möchte, der gelangt hier zum digitalen Onlinetest. Vorteil bei dieser Testvariante ist, dass die Ergebnisse direkt nach der letzten Frage angezeigt werden.
Therapie bei Hochsensibilität?
Wie schon angedeutet, ist Hochsensibilität kein Krankheitsbild oder eine psychische Störung im eigentlichen Sinne. Vielmehr ist ein Persönlichkeitsmerkmal. Daher ist eine “Diagnose” auf Hochsensibiltät auch nicht möglich 🩺 .
Als Elternteil eines hochsensiblen Kindes kannst du die Hochsensibilität als eine der Verhaltensfacetten, die dein Kind hat, annehmen. Es ist Teil seiner/ ihrer Persönlichkeit.
Quelle: Fotolia
Hierzu hat die Diplom-Psychologin Dr. Sandra Konrad an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg eine Forschungsarbeit erstellt. In einem Interview sagt sie Folgendes zur Bedeutung von Hochsensiblität und hochsensiblen Kindern in der Bevölkerung:
Im Gegensatz zur Angststörung ist Hochsensibilität aber keine Erkrankung.
"Genau, es ist keine psychische Störung. Laut Schätzungen sind 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung hochsensibel. Eine neuere Studie spricht sogar von 30 Prozent."
Die Zahl erscheint sehr hoch.
"Hochsensibilität ist in der Tat kein Merkmal, das selten auftritt. Es ist ganz normal für jeden Menschen, in irgendeiner Weise auf seine Umwelt zu reagieren. Hochsensible tun das einfach stärker." Eine therapeutische Maßnahme bei Hochsensibilität braucht es zunächst nicht. Entstehen für dein Kind durch die Hochsensibilität jedoch starke Schwierigkeiten im Umgang mit seiner/ihrer Umgebung und in zwischenmenschlichen Beziehungen, besonders auch in der Schule, kann über eine unterstützende Verhaltens-Psychotherapie nachgedacht werden.
Hier liegt der Fokus auf den Strategien, die dein Kind dadurch erlernt, um im zwischenmenschlichen Kontakt oder in der Schule besser klarzukommen. Besonders dann, wenn starke Reize wiederkehrend sind.
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Tipps zum Umgang mit hochsensiblen Kindern
Du kannst präventiv in deiner Erziehung mit deinem Kind arbeiten, sodass die Hochsensibilität langfristig gut gemeistert und mit ihr umgegangen werden kann.
Hier haben wir ein paar Tipps für dich zusammen gefasst, die dir und deinem Kind helfen können:
Selbstbewusstsein des Kindes stärken: Das heißt, dem Kind immer wieder zu verstehen geben, dass es so, wie es ist, gut ist. Für sich und diese Welt.
Stark bedürfnisorientiert erziehen: Das heißt, aufmerksam gegenüber deinem Kind sein, was es benötigt und darauf dann rechtzeitig reagieren.
Keine Dauer-Reizüberflutung durch ständige Veränderungen erzeugen: Das heißt, herausfordernde/neue Situationen nur langsam und nicht direkt hintereinander aufbauen.
Ruheeinheiten bewusst einbauen: Das heißt, das Kind dabei zu unterstützen, seine Ruhephasen zu finden und diesen regelmäßig nachzugehen.
Geduld und Verständnis aufbringen: Das heißt, immer im Hinterkopf haben, dass hochsensible Kinder ihr eigenes Tempo haben, um Reize von außen zu verarbeiten.
Klare Aussagen treffen und ein strukturiertes Vorbild sein: Das heißt, keine ständigen Verwirrungen stiften und das Kind damit verunsichern
Bewusste Grenzen setzen: Das heißt, auch du darfst auf dich und deine Bedürfnisse achten, sodass du auch weiterhin stark und empfindsam sogleich für dein Kind sein kannst.
Weitere Tipps zum Umgang mit hochsensiblen Kindern, findest du hier.
Hochsensibilität als Chance? Definitiv!
Auch wenn Hochsensibilität gesellschaftlich oft mit kritischem Auge gesehen wird, ist es letztlich doch auch eine besondere Gabe. Nicht jedem ist sie vergönnt.
Hochsensible Kinder sind meist sehr kreativ und fantasievoll. Sie haben die Fähigkeit, Ideen vor ihrem inneren Auge lebendig werden zu lassen. Das kann bedeuten, dass sie später in der Berufswelt fähig sind, komplexe Zusammenhänge schneller als andere zu adaptieren, weil sie sich diese besser und klarer vorstellen können.
Auch Empathie ist eine Eigenschaft, die besonders hochsensible Menschen haben, weil sie sich durch ihre feinen Sensoren besser und schneller in andere Menschen aus ihrem Umfeld hineinversetzen können.
Anke Modeß schreibt dazu auf dem Babelli-Blog:
“Aber Vorsicht: Hochsensibilität ist nicht automatisch gleich Hochbegabung!" "Wenn ein Kind eher dem Hypo-Typen entspricht, so wird es später in der Lage sein, fleißig und gründlich zu arbeiten und Aufgaben gewissenhaft zu lösen – immer mit der Einschränkung, dass es nicht von zu vielen Außenreizen abgelenkt und überfordert wird.” Am Ende ist es also immer eine Frage des Gefühls und der eigenen Einschätzung.
Letztlich kann es für alle Kinder wichtig sein, langfristig zu lernen, was ihnen gut tut und was Störfaktoren beispielsweise beim schulischen Lernen sind.
Wenn das Kind hier lernt, ein Gefühl zu bekommen, lernt es automatisch, sich und bevorstehende Situationen besser einzuschätzen. Mit genügend Selbstbewusstsein kann es so klar mit und anderen kommunizieren und auch Erwachsene wie du als Elternteil oder Lehrerinnen und Lehrer können dann entsprechend und tatkräftig unterstützen. Wie zum Beispiel bei Ruhepausen oder Ähnlichem.